Vom Untergang der Stadt Troi Risa

Reißkofel Südflanke – Foto: N. Zerza

In uralten Zeiten soll hier eine schöne Stadt gestanden sein, die sich von Reisach über Gundersheim hin ausgebreitet hat. Bei Grabarbeiten hat man römische Münzen gefunden. Die Einheimischen wissen zu erzählen, dass die Stadt am Fuße des Reißkofels Risa geheißen hat. Durch ein Erdbeben, das den Reißkofel zum Absturz brachte, und durch ein furchtbares Gießwetter, welches das ganze Geröll in die Tiefe riss, wurde die Stadt Risa vor vielen, vielen Jahren verschüttet.

In dieser Stadt lebten reiche Menschen, die ein üppiges Leben führten. Als die Stadt Risa noch stand, wollten drei Herren aus der Stadt einmal hinüber ins Drautal, um Geschäfte zu besorgen. Um den Weg abzukürzen, gingen sie nicht über den Gailberg, sondern wanderten auf einem Fußweg zwischen Reißkofel und Jauken durch die Ochsenschlucht gegen Norden. Auf der Höhe begegnete ihnen ein alter Schafhirte, der ihnen erzählte, dass er in aller Früh drei fremde Männer mit dreispitzigen Hüten und langen Schwertern über den Grat des Reißkofels bis zum Köpfach herabgehen gesehen habe.

Voll Neugierde sei er den sonderbaren Männern nachgeschlichen und habe ihre Rede belauscht. Da hörte er, wie sie miteinander sprachen: „Die Bewohner der Stadt Risa sind schon so gottlos, so schlecht und verdorben, dass der Untergang der Stadt beschlossen ist. Und uns hat der Herrgott als Schicksalsmänner ausersehen, seinen Beschluss auszuführen. Nur wenige Tage noch, und Risa ist nicht mehr!“ – Hierauf hätten die Männer ihre Schwerter aus der Scheide gezogen, sie nach allen vier Himmelsrichtungen geschwungen und sich, einer nach Osten, einer nach Westen und einer nach Süden gerichtet, aufgestellt, mit den Schwertern in den Erdboden hineingeschlagen und seien verschwunden.

Als der Schafhirte seine Erzählung beendet hatte, lachten ihn die drei Herren aus Risa aus und meinten, erhaben Gespenster bei hellichtem Tag gesehen. Nun gingen sie auf die Ochsenschlucht zu und beachteten das Gerede des Schafhirten nicht weiter. Nach längerer Abwesenheit kehrten sie über den Gebirgseinschnitt wieder in das Gailtal zurück. Als sie an jene Stelle kamen, wo man das erste Mal in das Tal hinabblicken kann, blieben sie starr vor Entsetzen stehen.

Das ganze Tal war verwüstet, mit Geröll, Schotter und Felsblöcken bedeckt. Und von der großen und schönen Stadt Risa war nichts mehr zu sehen. Da fielen die drei Handelsleute auf ihre Knie nieder, rauften sich das Haar aus, weinten und jammerten über den Verlust ihrer Heimat und ihres ganzen Reichtums. Nach einiger Zeit erhoben sie sich wieder. Noch einen traurigen Blick warfen sie auf ihre verschüttete Stadt hinab, wandten dem Gailtal den Rücken zu und zogen hinaus in die weite, fremde Welt.


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