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Zum Projekt „verlorene“ Stadt Troi Risa
Das Projekt Troi Risa wurde 2017 in diese Homepage gegossen. Vorarbeiten dazu können wohl auf das Jahr 2012 bereits datiert werden. Die Erarbeitung erfolgt in mehreren Schritten. Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist die Sage um die verlorene Stadt Troi Risa. Sagen beschreiben häufig ein reales Geschehen der Vergangenheit. Bereits in der Volksschule wird den Kindern in der Marktgemeinde Kirchbach von der einst blühenden und mächtigen Stadt Troi Risa am Fuße des Reisskofels erzählt. Die Bewohner der Stadt lebten vom Eisenabbau in den Gailtaler Alpen. Eines Tages jedoch, wurde die Stadt Opfer eines gewaltigen Bergsturzes (siehe nachfolgende Karte/im Zentrum der Schüttkegel). Die Überlebenden der Katastrophe zogen weiter osttwärts, in ein von Felsstürzen sichereres Gebiet, und wurden zu den Begründern der heutigen Siedlung Reisach im Gailtal. Ein Denkmal, genannt Troi Stöckl (zwischen Reisach und Gundersheim), soll an die damaligen Geschehnisse erinnern. Von Generation zu Generation wird diese Erzählung weiter gegeben.
Im Schritt 2 wurden die bisherigen Funde gesichtet und mit Experten diskutiert. In einem nächstigen Schritt galt es zu klären, ob es tatsächlich zu einem Reisskofelabsturz gekommen sein könnte, wie es die Legende berichtet. Darauf folgend ist es notwendig die Bevölkerung und deren Wissen ebenfalls in das Projekt einzubinden. Wir versuchen dies einerseits in Form der Website Troi Risa mit der Aufforderung „Mach mit!“ und andererseits mit der spannenden Geschichte des Amandus, des Bagaudenführers, der möglicherweise auf der Grabplatte in Reisach, im Gangl Stöckl genannt wird, angreifbarer, erlebbarer zu gestalten. Finales Ziel unserer Arbeiten soll es sein, weitere Belege für den Bestand der Stadt Troi Risa zu finden. Vielleicht gelingt es uns mit modernster Technologie (Satellit) die Gegend zu scannen und so mögliche Siedlungsstrukturen zu erkennen.
Ist es nur eine Legende oder gab es den Ort wirklich?
Warum erzählt man sich diese Geschichte bereits seit 2000 Jahren? Woher kommt sie? Was steckt dahinter? Gab es Troi Risa wirklich? Wie könnte die Siedlung ausgesehen haben? Welche umliegenden Versorgungsknoten sind noch denkbar? Wo verlief die Römerstraße durch das Tal? Welche Rolle spielte sie für die Region? Welche im Alpen-Adria Raum?
Das Ziel des Projektteams ist es, diese wichtigen Fragen mit modernen technischen Mitteln und unter Einbezug der Einheimischen interessierten Bevölkerung im Sinne von Citizen Science sowie der Wissenschaft nachzugehen.
Der Mythos soll gelüftet werden!
Zu den bisherigen Fakten
Nun möchten wir nachfolgend die bisherigen, belegbaren Fakten subsummieren:
- der Reisskofelabsturz
- Funde im Gebiet
- weitere bedeutende Siedlungen im Gebiet
- Wallmauer in Rattendorf
- Abbaugebiet Reisskofel (Erze)
- noch heute bestehende Verbindungen (Nord-Süd) und Handel
Reisskofelabsturz
Die Geologen Reitner/Lang/Van Husen (1993) erforschten den Reisskofelabsturz. Dieser konnte von den Experten eindeutig belegt werden. Sie schreiben (1993:43):
Wann der Reisskofel wirklich abgestützt ist, lässt sich nicht genau sagen. Hier kann nur ein gewisser Zeitraum geschätzt werden. Bei Gamper (2012:81) findet sich der Hinweis auf das Jahr 9 nach Christus. Er bezieht sich dabei auf den antiken Historiker Cassius Dio. Dio berichtet:
Der Hintergrund des Absturzes ist ebenfalls nicht eindeutig geklärt. Gamper (2012:81) spricht von einem Erdbeben. Er leitet seine Annahme aus den Funden von der Gurina ab. Gerade das dort freigelegte Mauerwerk weißt Zerstörungsspuren durch eine Naturkatastrophe auf so der Forscher. Es könnte durchaus ein Erdbeben gewesen sein, ist doch Norditalien und auch darüber hinaus unser Tal, sowie der Alpen Adria Raum stark von diesen Naturereignissen betroffen. Erst 1976, 6. Mai, bebte die Erde in diesem Gebiet (Richter-Skala 6,5 / Mercalli-Skala 10) ca. 1 Minute lang. Viele von uns können sich daran noch erinnern. Etwa 80000 Menschen in 77 Gemeinden (Alpen-Adria Raum) waren von den Erdbeben-Zerstörungen betroffen, 45000 verloren ihre Häuser und Wohnungen. Jederzeit kann es in diesem Gebiet zu Erdstößen kommen. Der geologische Hintergrund ist jener, dass genau in dieser Region, die Afrikanische Platte auf die Eurasische Platte trifft. Von den Geologen werden in diesem Raumausschnitt hunderte Erdstöße pro Jahr gemessen.
Damals wie heute, könnte eine solche Naturkatastrophe eine Siedlung oder eine Stadt zerstören.
Im Rahmen dieses Projektes grenzen wir den Reisskofelabsturz auf etwa 9-280 nach Christus ein. Dies deshalb, da eine römische Grabplatte in diesem Gebiet gefunden wurde. Die Grabplatte des Amando oder Amandus findet sich eingemauert im Gangl Stöckl (Ortsaufahrt Reisach in Richtung Westen). Dieser Amandus könnte etwa in dieser Zeit gelebt haben. Die Akademie der Wissenschaften Heidelberg, datiert den Fund auf etwa 150 nach Christus. Auf der Platte findet sich noch der Name des (Gaius?) Titus Iulius Saturnininus. Damit könnte ein römischer Gegenkaiser gemeint sein, der ebenfalls in dieser Zeit gelebt hat (siehe hier auch den Fund & die Erläuterungen dazu). Die Platte wurde allerdings nicht im unittelbaren Gebiet des Troi Stöckls gefunden, sondern ein wenig weiter östlich. D.h., dass das Grab des Amandus erst nach dem Reisskofelabsturz errichtet wurde. Wir vermuten in diesem Zusammenhang, dass ansonsten die Grabplatte um vieles Tiefer im Erdreich hätte liegen müssen, als dass ein landwirtschaftlicher Pflug sie freilegen könnte. Wir denken auch, dass die Datierung aus Heidelberg nicht unbedingt stimmen muss, da Amandus (✝286 n.Chr.) und Saturninus (✝281 n.Chr.) zumindest laut anderen Quellen, etwa 150 Jahre später gelebt haben könnten. Eutropius (✝390 n.Chr.) schreibt in der Geschichte Breviarium Liber Nonus 9,20:
In Paaren zu Treiben meint in diesem Kontext in die Flucht zu schlagen. Es könnte durchaus sein, dass Amandus nach dem Aufstand in unser Gebiet geflohen ist, fliehen musste. Dies deckt sich auch mit der Grabplatte und der Inschrift darauf SER>S. SER>S könnte bedeuten, vom Geflohenen/Sklaven zum /Anführer (vgl. unsere alternative Übersetzung und Deutung der Grabplatte in der Rubrik Funde).
Funde im Gebiet
Das Gebiet um das Troi Stöckl ist seit jeher ein sagenumwobener Ort. Römersteine wurden gefunden, eine Grabplatte und beim Zäunen verschwand ein landwirtschaftliches Gerät tief im Boden. Die gefundenen Römersteine, bzw. genauer Marmorspolien wurden um 1885 im Gebiet um das Troi Stöckl, zwischen Reisach und Gundersheim gefunden. Heute dienen die Marmorblöcke als Sitzbänke in der Ortschaft Reisach.
Heimo Dolenz, vom Landesmuseum Kärnten, schrieb uns in diesem Zusammenhang:
Wir sehen es skeptisch, dass so ein Prachtbau für einen „mittleren“ Beamten (Aufsichtsbeamter laut Übersetzung in Gamper 2012:91), erbaut wird. Es handelt sich dabei um großen Aufwand und damit um eine hohe Investition. Wahrscheinlich übersteigt dies die finanziellen Möglichkeiten eines Verwaltungsbeamten. Es könnte sich deshalb durchaus um einen weiteren Beleg dafür handeln, dass Amandus, genau der von Eutropius genannte Bagaudenführer Amando sein könnte (siehe die mögliche Geschichte des Amandus im Menüpunkt Funde). Über seinen Verbleib nach den Bagaudenaufständen ist uns nichts bekannt. Die Entfernung von Gallien ins Norikum war auch damals bereits leicht schaffbar. Die Handelsstraßen und Ströme sind heute zumindest ein wenig bekannt. Auch galten im Norikum Sonderrechte. Die Römer erlaubten den Bewohner hier viele Freiheiten.
- Woher stammt der Marmor?
Weitere bedeutende Siedlungen
Bereits vor 2000 Jahren finden sich im Gailtal keltische Siedlungen. Besonders in diesem Zusammenhang ist wohl die Gurina in Dellach im Gailtal. Dabei handelt es sich nach Gamper (2012:29 ff) um einen zentralen Ort im Königreich Noricum.
Die Gurina könnte als Handelsplatz genutzt worden sein, an dem Norisches Eisen (z.B. aus den Gailtaler Alpen) gehandelt wurde. Bearbeitet wurde das Material vermutlich in Troi Risa. Dies würde erklären, dass Troi Risa hier eine für die Gurina entscheidende Rolle gespielt haben könnte. Auf der Gurina selber wurden keine Produktionsanlagen (Schmelzöfen, Hammerwerke etc.) gefunden. Wie sollte an dieser Ort dann Norisches Eisen verhüttet und bearbeitet werden? Des weitern finden sich auf der Gurina keine Bäche, welche in der Lage wären, solche Produktionsanlagen anzutreiben. Nur der „Rinsenbach“ zwischen Reisach und Gundersheim hätte dazu das Potential.
Die Gailtaler haben bereits vor 2000 eine zentrale Rolle im Alpen-Adria Raum gespielt. Dies bestätigt auch Gamper (2012:29) wenn er schreibt:
Der antike Kartograph Claudius Ptolemaius (✝ 160 n. Chr.?) beschreibt auch in diesem Gebiet eine Stadt namens Idunum. Damit könnte nicht nur die Gurina gemeint sein, sondern auch Troi Risa. Für Gamper (2012:29) handelt es sich dabei am ehesten um die Gurina, da er argumentiert, dass keine weiteren keltischen Siedlungen im Gebiet bekannt sind. Genau hier setzen wir mit unserem Projekt Troi Risa an.
Zu Inkludieren in die Siedlungsstruktur des Gailtales vor rund 2000 Jahren, ist die „Hadenmauer“ oder Heidenmauer, die wenige Kilometer von Reisach ostwärts zu finden ist (zwischen Rattendorf und Jenig). Diese Talsperre sollte wohl Troi Risa und die Gurina vor Invasoren absichern. Von den ursprünglich 1,6 km sind heute noch 336 m erhalten. Westseitig sind Mannschaftsräume erkennbar.
Eine Absicherung war notwendig, da Norisches Eisen (Ferrum Noricum) wohl wertvoller als Gold gewesen sein dürfte. Ist es doch das Norische Eisen, der den Römern oft zu ihrer Überlegenheit verholfen hatte.
Das Erz für das Norische Eisen wurde im auch Reisskofelgebiet abgebaut und verhüttet. Stolleneingänge und Verhüttungsanzeichen finden sich in diesem Gebiet. Das verhüttete Material wurde dann ins Tal gebracht, um in Troi Risa maschinell weiter verarbeitet zu werden. Anschließend könnte es auf die Gurina zum Handel gebracht worden sein. Es könnte auch sein, dass die Eisenlupe (mit Schlacke verunreinigtes Eisen) aus anderen Regionen, wie z.B. vom Dobratsch, hier nach Troi Risa angeliefert wurde zur weiteren Bearbeitung durch Fachleute. Ganz ähnlich wie heute Arbeitsteilung funktioniert. Wie auch heute, mussten damals ebenfalls die Fixkosten der Produktion gut aufgeteilt werden. Es könnte sein, dass das Rohmaterial mit Pferdekarren ins Gailtal gebracht wurde.
Die heutigen Handelsverbindungen in den Süden sowie in den Nord-Westen folgen ebenfalls im Wesentlichen den 2000 Jahre alten Ruten. Die Via Julia Augusta (Aquileiea bis Aguntum), wird heute in Teilen noch befahren (z,.B. Plöckenpassstraße).
Zum Vorgehen
Nun konnten wir unsere bisherigen Erkenntnisse schildern. Es gibt doch einige starke Belege für eine mögliche Stadt Troi Risa. Wir möchten hier weiterforschen und uns einbringen.
Wie könnte es weiter gehen?
Wir sind uns sicher, dass es in der Region noch viele weitere Belege für eine Besiedlung am Troi gibt. Hier hoffen wir, dass gerade Interessierte uns mit neuen Hinweisen unterstützen. Finales Ziel muss es sein, dass wir das Gebiet um Troi Risa mit modernster archäologischer Technolgie untersuchen. Hier sind wir auf die Untersützung der Einheimischen, des Landes und der Forschung angewiesen.
Es gilt:
- Luftbilder auszuwerten
- das Wissen der Einheimischen zu nutzen
- das Wissen aus der Forschung zu nutzen
- mit weiteren Experten zu vernetzen
- die Oberflächen zu Begehen
- Sonden einzusetzten
- Geomagnetische Messungen vornehmen
- und Satelliten einzusetzten.
Der Nutzen der Forschung in diesem Gebiet wäre ein größerer als nur für die einheimische Bevölkerung. Auch für die Wissenschaft könnten sich hier neue Erkenntnisse bieten. Gamper (2012:28) schreibt:
Hier würden sich deshalb in vielen Bereichen neue Forschungsfelder ergeben.